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Die Elektromobilität entwickelt sich rasant. Die Anzahl privater und öffentlicher Ladepunkte wächst stetig, neue Elektroautos verfügen über immer mehr Reichweite und die Ladezeiten nehmen ab. Somit werden die Hürden auf dem Weg zur E-Mobilität immer weniger von technischer und infrastruktureller Natur.
Die mentalen Barrieren scheinen schwieriger zu überwinden sein. Tatsächlich handelt es sich bei der Elektromobilität um eine sozio-technische Transition, die Anpassungen in unseren Mobilitätsgewohnheiten erfordert. Dazu gehört, die verbleibende Reichweite im Auge zu behalten, bei längerem Parken wenn möglich ein Ladekabel einstecken und bei längeren Fahrten Ladepausen einzuplanen.
Um die Anpassungen unserer Mobilitätsgewohnheiten auf ein Minimum zu beschränken, werden viele Bemühungen unternommen, die Elektromobilität möglichst einfach zu gestalten. Und da kommt Plug and Charge ins Spiel.
Plug and Charge (auch genannt Plug-and-Charge, Plug & Charge, P&C, Plug´n Charge und PnC) ist Teil von ISO 15118. ISO steht für International Organization for Standardization und ist eine unabhängige, weltweit agierende Nichtregierungs-Organisation, die zuständig für die Definierung von internationalen Normen ist. Die Normen stellen Anforderungen an Qualität und Sicherheit von Waren und Dienstleistungen. Darüber hinaus regulieren und vereinfachen sie die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren. Bis heute hat ISO mehr als 23´000 verschiedene Normreihen veröffentlicht und eine davon ist ISO 15118.
Die Normreihe ISO 15118 regelt die Kommunikationsschnittstelle zwischen Fahrzeug und Ladesäule. Darunter fällt neben Vehicle to Grid ebenfalls Plug and Charge.
Plug and Charge steht für einfaches, schnelles und sicheres Laden, denn diese neue Funktion ermöglicht eine automatisierte Autorisierung und Bezahlung des Ladevorgangs: Elektroauto parkieren, Ladekabel einstecken und schon startet der Ladevorgang automatisch. Und am Ende der Ladung wird der Strom automatisch abgerechnet.
Die Mehrheit der Ladestationen werden von mehr als einer Person benützt. Damit der geladene Strom den Nutzern verrechnet werden kann, ist eine Authentifizierung notwendig. Diese erfolgt ohne Plug and Charge manuell mit einer Ladekarte (auch RFID-Karte genannt) oder mit einer Ladeapp. Erst nach der Authentifizierung respektive Freischaltung der Ladesäule kann der Ladevorgang gestartet werden.
Die Authentifizierung bedeutet einen zusätzlichen Aufwand. Die Lade-Karte muss hervorgekramt werden und korrekt an die Station gehalten werden. Eine Ladeapp muss geöffnet werden und die richtige Station muss gesucht und aktiviert werden. Dafür braucht es ein Login und die Hinterlegung eines Zahlungsmittels.
Leider wird aber nicht jede Ladekarte an jeder Ladesäule akzeptiert. Grund dafür sind fehlende Verträge zwischen bestimmten Wallbox-Besitzern und Ladestrom-Anbietern. Deshalb muss in solchen Situationen eine andere Ladekarte oder App verwendet werden. Die Strompreise sind außerdem nicht bei allen Anbietern gleich hoch. Entsprechend kann der Preis am Ende des Ladevorgangs zwischen mehreren Euros variieren und zu bösen Überraschungen führen.
Ansonsten kann auch der Intercharge-Kleber gescannt werden, der auf jeder Ladestation geklebt ist. Auf der Website müssen aber diverse Informationen, inklusive Kreditkarten-Details angegeben werden. Das dauert nicht nur lange, sondern kann auch etwas mühsam sein.
Schließlich kann auch, wenn vorhanden, direkt das Zahlungsterminal verwendet werden. Dadurch wird der Ladevorgang vor dessen Aktivierung direkt bezahlt. Leider sind bis heute aber noch lang nicht alle Ladesäulen mit einem Zahlungsterminal ausgestattet. Hauptgrund dafür sind die aufkommenden Mehrkosten für den Anbieter. Die europäische Alternative Fuel Infrastructure Regulation sieht aber eine Nachrückungspflicht bis 2027 vor, sodass spätestens in ein paar Jahren alle Ladesäulen mit einem Zahlungsterminal ausgestattet sind.
Insgesamt kostet der Authentifizierungs- und Bezahlvorgang von Ladevorgängen in der Hektik des Alltags viel Zeit und Nerven. Außerdem ist ein Vorwissen nötig, um überhaupt zu verstehen, wie ein Ladevorgang gestartet und bezahlt werden kann. Für Personen, die weniger technik-affin sind, stellt dies ein großes Problem dar. Zum Glück gibt es also Plug and Charge, denn diese Ladefunktion behebt alle diese Probleme.
Damit Plug and Charge und die damit verbundenen Kommunikationsschnittstellen funktionieren ist die Zusammenarbeit von Fahrzeughersteller, Ladesäulenhersteller, Ladesäulenbetreiber und Anbieter von Ladestromverträgen notwendig. Sie alle müssen die selben Kommunikationsstandards unterstützen, wodurch Zertifikatspools sicher entschlüsselt, gelesen und genutzt werden können. Diese Standards wurde in ISO 15118 festgelegt.
Sowie die E-Autos als auch die Ladesäulen müssen Plug and Charge-konform sein. Für die Fahrzeuge bedeutet das, dass sie einen digitalen Fingerabdruck (OEM Provisioning Certificate) aufweisen müssen. Eine Ladestation, welche die Kommunikationsstandards unterstützt und dadurch den Fingerabdruck des Fahrzeugs lesen kann, ist dadurch in der Lage, das E-Fahrzeug identifizieren respektive den Ladevorgang zu aktivieren.
Außerdem muss das Elektrofahrzeug im Voraus bei einem Ladestromanbieter registriert werden – ähnlich wie bei der Registrierung in einer Ladeapp. Der Vertrag wird im Anschluss digital im Fahrzeug hinterlegt und ermöglicht durch die vorherige Hinterlegung eines Zahlungsmittels die automatische Bezahlung des Ladevorgangs.
BMW ist zurzeit laut eigener Aussage der einzige Fahrzeughersteller, der mehrere Stromverträge bei seinen Fahrzeugen zulässt. In Zukunft wird das möglicherweise zum Standard. So kann ein Fahrer, der beispielsweise möglichst billig laden möchte, jeweils manuell je nach Wallbox den billigsten Stromanbieter auswählen.
Folgende Fahrzeuge sind Plug and Charge-fähig (Stand Oktober 2024):
Audi e-tron, e-tron S, e-tron Sportback, Q8 e-tron, SQ8 e-tron, SQ8 Sportback e-tron)
BMW i4, i5, i7 (ab 07/2023), ix (ab 07/2023), iX2, iX1 (ab 11/2023)
Cupra Born
Ford Mustang Mach-E, F-150 Lightning
Genesis GV60, GV70 (2024), GV80 (2024)
Hyundai Ioniq 5, Ioniq 6
Lucid Air
Mercedes EQE, EQS, EQS SUV, EQ4, EQB)
Porsche Taycan, Taycan Cross Turismo, Taycan Sport Turismo, Macan Electric
Polestar 3
Skoda Enyag iV, Enyag Coupé iV)
Smart EQ ForTwo
VW (z. B. ID 4 / ID5 / Buzz)
Volkswagen ID (Alle VW ID. Modelle mit der ID-Software auf Stand 3.1 oder höher)
Volvo EX90 (2024)
Kia EV9, EV6
Im öffentlichen Ladenetz bieten folgende Ladestationsbetreiber Plug and Charge an (Stand November 2023):
Aral
IONITY
BP
Eon
Die mit Plug and Charge-ausgestatteten Ladestationen sind in den Lade-Apps markiert. Außerdem verfügen sie über einen aufgeklebten Sticker.
Oftmals kann ein Ladestromvertrag direkt beim Autokauf oder Leasingvertrag beim Fahrzeughersteller abgeschlossen werden. Die oben aufgelisteten Ladestationsbetreiber bieten ebenfalls Ladestromverträge an, die Plug and Charge unterstützen. Darüber hinaus integrieren auch immer mehr Ladestromanbieter diese neue Ladefunktion. Informieren Sie sich am besten direkt bei Ihrem Anbieter, ob dieser ebenfalls Plug and Charge unterstützt.
Die Plug and Charge-Funktion kann in Mehrfamilienhäusern einen grossen Mehrwert bringen, da eine Ladestation oftmals von mehreren Bewohner genutzt wird. Aber auch bei eigenen Ladestationen macht Plug and Charge Sinn um im Alltag Zeit und Nerven zu sparen.
Folgende Wallboxen sind bereits Plug and Charge-konform (Stand August 2023):
Mennekes AMTRON® Professional
Webasto Live
Walther Werke smartEVO 11
ABL eM4
innogy eBox Professional Wallbox
Juice Charger me
Keba x-series
Gerne berät Wiedergrün Sie zu Möglichkeiten und Kosten einer eigenen Wallbox mit Plug and Charge im Mehrfamilienhaus und helfen Ihnen bei der Umsetzung.
Allgemein betrachtet ist die Antwort auf diese Fragestellung klar: Plug and Charge ist sehr neu und dessen Verbreitung hat erst gerade angefangen. Wie bereits oben erklärt sind einige Dinge notwendig, damit diese Ladetechnologie funktioniert. Es dauert also eine Weile, bis alle involvierten Parteien entsprechende Anpassungen vorgenommen haben.
Bei einigen älteren Fahrzeugmodellen ist es möglich, Plug and Charge im Nachhinein via Software-Update zu installieren. Leider ist das aber bei längst nicht allen Modellen der Fall. Außerdem bedeutet dessen Entwicklung hohe Mehrkosten für die Fahrzeughersteller. Deshalb verfügen beispielsweise nicht alle neuen Elektroautos die Funktion. Vor allem bei billigeren Modellen wird darauf verzichtet.
Zudem wichtig zu erwähnen ist, dass ISO 15118 nur die Steckertypen CCS und Typ 2 für Plug and Charge definiert hat. Alle anderen Stecker sind somit nicht kompatibel mit der neuen Ladefunktion. Leider haben aber nicht alle Ladesäulen und Elektroautos solche Stecker.
Nein! Autocharge ist zwar wie Plug and Charge eine automatische Authentifizierungs- und Abrechnungsmethode, jedoch ist der Kommunikationsstandard von Autocharge nicht mit ISO 15118 reguliert. Die Identifizierung läuft über eine Mac-Adresse. Diese wird jedoch nicht von jedem Hersteller vergeben und kann nicht im Nachhinein eingebaut werden. Deshalb funktioniert Autocharge nicht mit jedem Fahrzeug. Wichtig außerdem anzufügen ist, dass Tesla und Fastned nicht Plug and Charge, sondern Autocharge verwenden.
In unserem Artikel Plug and Charge und Autocharge im Vergleich finden Sie mehr Informationen zu diesem Thema.
Plug and Charge ist eine neue Lade-Technologie, die auf dem Vormarsch ist. Obwohl momentan erst wenige Akteure in der Elektromobilitäts-Branche diese automatisierte Authentifizierungs- und Abrechnungsfunktion anbieten, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sie zum neuen Normal wird. Eines ist klar: Durch Plug and Charge wird der Ladevorgang einfacher und schneller und entsprechend geringer werden die Hürden, die den Wandel der Mobilität hin zur Elektroautos bremsen.
Wiedergrün ist ein Beratungs- und Ingenieurbüro, das sich auf Elektromobilität und Ladelösungen für Elektrofahrzeuge spezialisiert hat. Wir bieten eine Reihe von Dienstleistungen für drei Hauptkundengruppen an: Immobilienunternehmen, Vermieter und Hausverwaltungen, KMU und mittelständische Unternehmen sowie Unternehmen der Ladeindustrie.
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