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Hanno Klausmeier, Managing Director spricht im Interview mit b2charge über die elektrische Flotte bei SAP Labs in Frankreich.
Hanno Klausmeier brennt für das Thema Elektromobilität. Woher sein Interesse für Mobilität kommt, weiß er nicht genau. Er kommt wie er es selbst beschreibt aus keiner “Autofamilie”. Autos dienten bei ihm zu Hause immer nur zur Fortbewegung.
Die Flotte von SAP hat besonders viele Automobile. Es gibt allein in Deutschland in etwa 17.000 Dienstwagen. Im Vergleich dazu ist die Flotte von SAP Labs in Frankreich mit 280 Firmenwagen relativ klein. Sie ist jedoch ein Beispiel für die Zukunft im gesamten Unternehmen.
Für Herrn Klausmeier ist die Elektromobilität seit 7 Jahren ein zentrales Thema. Begonnen hat die Idee zur Umstellung der Flotte im Jahr 2014. Er hat gesehen wie seine Kollegen in Kalifornien mit einem kleinen Konzept angefangen haben Elektromobilität zu realisieren.
Dieses Konzept hat Herrn Klausmeier so sehr begeistert, dass er es auch bei sich in seiner Einheit von SAP in Frankreich implementieren wollte. Tatsächlich wurde ein kleines Budget für dieses Vorhaben genehmigt. Bereits im Jahr 2015 wurden dann die ersten 6 Elektroautos mit in die Flotte des Unternehmens eingeführt.
Die Flotte wurde Stück für Stück auf Elektromobilität umgestellt. Aktuell sind über 90 % der Flotte vollelektrisch unterwegs. Ausschlaggebend für die Umstellung war für den Managing Director, neben dem Vorbild der Kollegen in Kalifornien, der VW-Dieselskandal. Besonders als Deutscher im Ausland schämte er sich für diesen Skandal. Es war sein Startpunkt und die Motivation für eine Veränderung, die zeigen sollte, dass es saubere und praktikable Mobilitätslösungen gibt.
Bereits während der Anfangszeit der Flottenumstellung konnte den Mitarbeitern die Angst um die Reichweite von maximal 150 km genommen werden. Selbst im Zeitraum der ersten Fahrzeuganschaffungen, waren die Technologien so gut und wurden immer besser, um die benötigten Reichweiten der Mitarbeiter abzudecken. Im Jahr 2015 hatten die Fahrzeuge von Tesla bereits eine Reichweite vom 300 km auf der Autobahn.
Am Betriebsstandort von SAP laden hauptsächlich Dienstwagen. Dort hat das Unternehmen eine großzügige Ladeinfrastruktur aufgebaut. Die Nutzung ist jedoch auch für die Öffentlichkeit frei zugänglich. Externe Fahrzeuge können bei SAP gratis laden, solange das Betriebsgelände geöffnet ist.
Die Ladeinfrastruktur von SAP an den Standorten in Frankreich kann jederzeit von den Mitarbeitern auf dem Gelände als “Tankstelle” genutzt werden.
Hanno Klausmeier, Managing Director SAP LABS
Aber auch der Weg hin zu einer ausreichenden Ladeinfrastruktur hat klein begonnen. Im Jahr 2015 wurden die ersten 3 Ladestationen installiert. Ein Jahr später kamen 7 weitere Ladestationen dazu. Dann folgte systematisch der Ausbau an allen weiteren Standorten. Hinzu kam dann der steigende Bedarf für Schnellader, die aktuell auch Teil der Ladeparks sind. Aktuell gibt es sogar die ersten super Schnellader (HPCs) an vielen Standorten. Im Zuge des Ausbaus musste immer mehr Kapazität geschaffen werden, die durch zusätzlichen Strom über PV-Anlagen und neue Verteilerschränke entstand.
Rückblickend sagt Herr Klausmeier, dass er alle Fehler gemacht hat, die man machen konnte. Es mussten immer wieder die gleichen Leitungen neu aufgemacht werden, um zum Beispiel zusätzlich Glasfaserkabel zu legen und Schnellader zu ermöglichen.
Mit der wachsenden Flotte änderten sich auch die Anwendungsfälle der Fahrzeuge. Natürlich hatte Herr Klausmeier den Anspruch allen Mitarbeitern gerecht zu werden. Und es gelang ihm für die verschiedenen Bedürfnisse der Mitarbeiter Ladeinfrastruktur bereitzustellen.
So gibt es Mitarbeiter, die nur eine halbe Stunde täglich am Standort sind, andere sind es für 2 oder 3 Stunden. Der Großteil der Mitarbeiter ist 9 Stunden am Standort. Alle Mitarbeiter haben ein Ziel: Sie möchten voll geladen vom Standort des Unternehmens losfahren.
Herr Klausmeier ist bewusst, dass nicht jedes Unternehmen die finanzielle Möglichkeit hat die Ladeinfrastruktur so kostspielig auszubauen wie sein Unternehmen, um allen Nutzern gerecht zu werden.
Ladeinfrastruktur und die damit verbundene Möglichkeit am Betriebsstandort zu laden wird bei SAP immer angeboten. Mit zunehmender Elektrifizierung der Flotte entstanden die ersten Engpässe beim Laden. Nicht jeder Parkplatz kann und konnte mit zusätzlichen Ladesäulen ausgestattet werden, um den wachsenden Bedarf abzudecken.
Somit begann die “imperialistische Ausdehnung” der Ladeinfrastruktur in den Garagen der Mitarbeiter an ihrem Wohnort. Die Mitarbeiter bekamen für den Kauf und die Installation einer Wallbox am Wohnort eine Unternehmenssubvention von 700 € und eine Förderung vom französischen Staat. Zusätzlich kommt die Softwarelösung von SAP zum Einsatz, welche die Ladestromnutzung überwacht und abrechnet.
Immerhin sind es jetzt schon 25 Wallboxen, die bei den Mitarbeitern zu Hause installiert wurden. Weitere 25 Wallboxen sind gerade in der Planung und Umsetzung.
Mitarbeiter, die kostenlos zu Hause laden können, nutzen -obwohl es immer noch möglich ist- nicht mehr oder nur noch im geringen Umfang die Ladeinfrastruktur am Standort. Dies ermöglicht allen Mitarbeitern ein uneingeschränktes positives elektrisches Fahrerlebnis ohne Engpässe beim Laden.
Zusätzlich spart das Unternehmen durch den Ausbau von Ladeinfrastruktur am Wohnort der Mitarbeiter den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur an den Betriebsstandorten. Besonders für Standorte, an denen bereits die maximalen Lastspitzen erreicht werden und die örtlichen Stromanbieter keinen weiteren Strom zur Verfügung stellen, ist das Laden am Wohnort die ideale Lösung.
Die Idee für das Laden zu Hause war nicht nur die Erweiterung von Ladeinfrastruktur zu ermöglichen, sondern den Mitarbeitern zu zeigen, dass es möglich ist zu Hause eine “Tankstelle” zu haben.
Herr Klausmeier erzählt aus eigener Erfahrung davon, dass er in der Vergangenheit an der Tankstelle mindestens 25 Minuten verbracht hat bis sein Auto voll getankt war. Ein Ladevorgang heute dauert nur noch 10 Sekunden. Denn heute lädt er zu Hause oder am Arbeitsplatz und das ist sehr komfortabel und zeitsparend.
Über 95% unserer Mitarbeiter sind heute voll von der Elektromobilität überzeugt und würden nie wieder zurück zum Verbrenner wechseln.
Hanno Klausmeier
Doch vor 2 Jahren sah das noch nicht so aus. Es waren gerade einmal die Hälfte der Mitarbeiter von der Elektromobilität begeistert. Noch kritischer war es 2014 als alles begann. Als das Unternehmen 2016 Dieselfahrzeuge als Dienstfahrzeug verbot, gab es noch Benzinfahrzeuge zum Ausweichen für die Skeptiker der Elektromobilität. Ab 2017 wurde immer mehr Ladeinfrastruktur aufgebaut, sodass weitere Einschränkungen bei der Bestellung eines Dienstwagens möglich waren. Bereits ab 2019 durften Mitarbeiter nur noch Elektroautos bestellen. In dem Jahr davor gab es viel Gegenwind und Herausforderungen mit dem Betriebsrat. Glücklicherweise hat sich auch dieser Widerstand erfolgreich im Laufe des Jahres 2019 aufgelöst.
Vor allem ist es von Vorteil, dass immer bessere Fahrzeuge mit längeren Reichweiten auf den Markt kommen, um die Mitarbeiter von SAP von der Elektromobilität zu begeistern.
Hanno Klausmeier
Der Schlüssel des Erfolgs war und ist noch immer, dass sich das Unternehmen mit den Problemen der Mitarbeiter auseinandergesetzt und Lösungen gefunden hat, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen.
So gab es eine Weile lang eine Art Inflation an Ladekarten unter den Mitarbeitern, um allen Anforderungen der Mitarbeiter zu entsprechen. Diese geht langsam mit wachsendem Ladenetz und immer mehr Roaming-Anbietern zurück.
Die Idee für eine Open-Source-Software von SAP für Ladeinfrastruktur entwickelte sich 2016 als es immer mehr Probleme mit den eigenen Ladesäulen gab.
Zur Überwachung der Ladestationen entwickelten 2 Mitarbeiter aus einer kleinen Idee ein solides Paket. Heute bietet SAP Unternehmen ein komplettes Charge-Point-Management-System(CPMS). Dieses beinhaltet die Überwachung, die Verwaltung, den Betrieb und das Interface zu Roaming-, Billing- und Pricing Plattformen. Zusätzlich ist das System an das Expense-Management angeschlossen, was die Abrechnung für die Mitarbeiter steuert, die beispielsweise von zu Hause aus an der eigenen Wallbox laden. Natürlich ist die Software mit SAP Analytics, anderen Modulen von SAP und anderen Unternehmen kompatibel.
Die Software ist interessant für kleine und große Betreiber von Ladestationen. Das ganze CPMS ist natürlich auch über eine App steuerbar.
Letztendlich hat Herr Klausmeier es geschafft, das größte Ladenetz in Südfrankreich aufzubauen, seine Flotte erfolgreich zu elektrifizieren, zeitgleich eine Software für Betreiber von Ladestationen zu entwickeln und ein Beispiel und Vorbild für andere Unternehmen zu sein.
Vielen Dank Herr Klausmeier für Ihre Pionierarbeit und das Interview!
Stellen Sie mit unserer elektromobilen Beratung auch Ihre Flotte um. Elektrifizieren Sie Ihren Standort mit der passenden Ladeinfrastruktur. Elektromobilität ist einfacher umzusetzen als Sie glauben.
Wie Sie die Mobilitätswende für Ihr Unternehmen erfolgreich umsetzen, erfahren Sie in unserem eMobilitätskompass:
Für die Angaben in diesem Artikel übernehmen wir keine Gewähr. Änderungen sind vorbehalten.
Wiedergrün ist ein Beratungs- und Ingenieurbüro, das sich auf Elektromobilität und Ladelösungen für Elektrofahrzeuge spezialisiert hat. Wir bieten eine Reihe von Dienstleistungen für drei Hauptkundengruppen an: Immobilienunternehmen, Vermieter und Hausverwaltungen, KMU und mittelständische Unternehmen sowie Unternehmen der Ladeindustrie.
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